Projektarbeit mit Schülern zu „Somniavero“

Beim Stöbern im Internet anlässlich der demnächst anstehenden Fortsetzung von „Somniavero“ bin ich auf diese Seite der Gesamtschule Wuppertal gestoßen, wo unsere Projektarbeit mit Schülern beschrieben wird. Schön war’s! 🙂https://www.ge-langerfeld.de/2021-10-30Lekt%C3%BCreprojekt%22Somneavero%22

Unterrichtsmaterialien zu „Somniavero“ finden sich auch hier zum Download:

Somniavero – Unterrichtsmaterial

 

 

Phantastische Kurzgeschichten zu Weihnachten

Stille Nacht, höllische Nacht

Ich träume von einer weißen Weihnacht, doch der Aggregatzustand der Welt ist grau. Es ist der 24. Dezember, und überall ist Wasser. Wir haben die Städte aufgegeben. Keine Tannenspitze ragt mehr aus der See, nur schroffe Inseln, die einmal Berge waren. Die Welt ist wüst und leer wie am Anfang aller Zeiten, ein Friedhof der Gipfelkreuze, die hie und da aus den Fluten emporstechen, rostende Denkmäler unserer Hybris. Die Glocken schweigen tief unten am Grund. Stille Nacht, höllische Nacht… Ich schließe die Augen und lausche dem Weihnachtsgeflüster der Wellen, das von einer Ewigkeit ohne uns erzählt. Ich bete ein Vaterunser: Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf der See. Es gibt kein Brot mehr, und auch keinen Wein. Vergib uns unsere Schuld.

Frisch erschienen im aktuellen Band 67 der Phantastischen Miniaturenreihe der Bibliothek Wetzlar (der Band kann dort per Email-Order bestellt werden!)

Schlafende Augen

Eine etwas andere Fassung der folgenden sehr kurzen Kurzgeschichte wird demnächst in Band 21 der von Thomas Le Blanc herausgegebenen Reihe Phantastische Miniaturen der Phantastischen Bibliothek Wetzlar erscheinen. Unter dem  Titel „Mit fremden Augen“ sind in diesem Band, den ich mit herausgegeben habe, Geschichten versammelt, die aus einer nicht-menschlichen Perspektive erzählt werden.

Die hier vorliegende Fassung bedient sich bewusst einer stark archaisierenden, alliterierenden, rhythmischen Sprache, die uns für den Story-Band nicht so recht  passend erschien. Mir gefällt sie trotzdem, daher dieser Post… ;-),

Ich freue mich über Eure Kommentare! 🙂

Schlafende Augen

Der Wind weckt mich, mein alter Widersacher. Noch ist es Winter, doch wärmer als gewöhnlich. Schlaftrunken schüttle ich mein trockenes Laub, sauge langsam den Saft aus der sämigen Erde. Da wallt Botschaft mir durch Wurzel und Borke: Gefahr! Gewalt! Feinde im Wald! Schon schwingt die Luft vom Kreischen des Sagzahns. Die Vögel fliehen, nicht erdgebunden, ins offene Feld. Doch wir, die wir hier seit so langer Zeit leben, sind seit jeher wehrlose Opfer. Es schmerzt, wenn einer von uns sterbend zu Boden stürzt, eine Schneise schlagend unter den Brüdern. Bitteres Schicksal, so stark und doch machtlos zu sein, Zeuge der Zeiten, zutiefst verwurzelt im Bodengeflecht der allumfassenden Erde, zu fühlen, zu wachsen, alles zu wissen – um dann, viel zu früh, gefällt zu werden von winzigen Wesen, die unser nicht wert sind noch würdig!

Zorn erfüllt mich. Bis in den letzten Zweig zitternd erwarte ich angestrengt bebend den Feind. Einen Weg gibt es ihn zu vernichten: ihn niederzuschlagen im eigenen Falle, in die Erde zu drücken und zu gewichten bis er eins ist mit ihr, so wie am Ende wir alle…

Nun spür ich die Zähne, die Rinde reißt und der Saftstrom des Lebens versiegt. Wind, steh mir bei, du wilder Vertrauter, fahr in mein Geäst und hilf mir zu fallen, nicht so wie sie wünschen, sondern auf sie zu stürzen den Stamm mit unheimlicher, splitternder, brechender Wucht…!

Lang hingestreckt lieg’ ich und unter mir einer der ihren, erschlagen von meinem Gewicht. Schwer lastet mein Holz nun tot auf dem Grund. Sollen sie es zersägen, zerstückeln, zerhacken – ich zieh’ mich zurück ins Wurzelwerk und erwarte befriedigt das Ende des Winters, wenn aus schlafenden Augen neue Triebe mir wachsen. Wohingegen seine Augen auf ewig geschlossen bleiben werden, hier, im Wald.

Quelle Titelbild: Wikipedia